Eine PCOS Geschichte

Ich lebe seit sieben Jahren mit der Diagnose PCOS. Ich bin seit dieser Zeit im Gesundheitscoaching bei Dr. Marion Eckert-Krause, die sich auf Stoffwechselstörungen spezialisiert hat und eine Methode entwickelt hat, Lebensstiländerungen nachhaltig und lebbar zu machen. Quasi alltagstauglich. Meine Geschichte ist meine Geschichte aber leider kein Einzelfall.

Hier möchte ich gern meine Geschichte erzählen, um anderen zu helfen, die genauso hilflos und verzweifelt sind, wie ich es war. Da ich eine Studienteilnehmerin war und auch weiterhin sein werde, schreibe ich unter dem Pseudonym Anne.

 

Meine Geschichte

Meine Menschwerdung war etwas kompliziert, weil ich eine Zwillingsanlage war, mein Zwillingsgeschwister aber Ende des 4. Monats sein Wachstum eingestellt hat. Und meine Mutter nicht wusste, ob ich gesund auf die Welt kommen werde. Meine Entwicklung war ziemlich normal mit den üblichen Kinderkrankheiten und Wutanfällen und Trotzphasen. Mit 6 Jahren bin ich in die Schule gekommen und meine Tage habe ich mit 12 Jahren bekommen.

Zuerst fühlte sich alles normal an

Alles fühlte sich anfangs normal an. Doch in den folgenden Jahren stellte ich Haarwuchs an Stellen fest, die für Mädchen unüblich waren, ich war oft müde, launisch, unmotiviert. Mein Sport (ich habe Leistungssport betrieben) hat nicht mehr so viel Spass gemacht. Ich war oft persönlich getroffen, traurig und enttäuscht und fühlte mich schrecklich. Wenn es mir so ging, fing ich an den Kühlschrank zu plündern und Frustfressen zu betreiben. Durch meine sportliche Aktivität konnte ich lange die Gewichtszunahme kaschieren. Die Behaarung auf den Oberschenkeln und die Ausbreitung der Behaarung im Intimbereich und im Bereich der Brust erschreckten mich mehr und mehr. Die Haut wirkte fettiger und es machten sich Hautunreinheiten breit. Leider besonders am Po. Das tat oft sehr weh.

Haut als Indikator, das was nicht stimmt – Haare, Pickel

Ich erinnere mich, dass meine Mutter in Apotheken nach Cremes und Salben gefragt hat und die ApothekerInnen oft so hilflos waren. Akne im Gesicht – kein Problem, da gibt es Haufenweise Produkte. Aber am Po und dann noch in Furunkelstärke. No way. Meine Mutter war die einzige, die ich rangelassen habe, das mal näher zu untersuchen und sie stellte fest, dass mit jeder Unreinheit eine Haaranlage betroffen war. Ich dachte, ich müsste sterben. Ehrlich – das hat mich zum Heulen gebracht. Bin ich überhaupt eine Frau oder bin ich ein Monster. Wer bitte schön sollte mich lieb haben. Würde ich je einen netten Jungen kennenlernen, würde ich mich verlieben können. Es war nur noch furchtbar.

Frauenarztbesuch, zum ersten  – Pille

Mit 17 hat mich meine Mutter dann zum Frauenarzt geschickt. Er hat mich untersucht und mir die Pille verschrieben. Sie sollte das Haarwachstum und die Pickel eindämmen. Ausserdem regte er an, den Zyklus zu unterdrücken. Das habe ich damals gar nicht kapiert. Die Pille habe ich genommen und es ist so la la besser geworden. Dafür haben sich Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen und Lustlosigkeit eingestellt. In der Schule bekam ich Ärger, weil ich mich anscheinend für nichts begeistern konnte. In vielen Fächern habe ich mich gequält. An Gewicht legte ich zu. Meine Mutter nervte, weil sie mich zum Joggen überreden wollte, damit der Energiehaushalt ausgeglichen wird.

Unter Beobachtung – echt nervig

Irgendwie hat sie mich immer unter Beobachtung gehabt, das hat mich zusätzlich gestresst. Dann hatte ich eine Phase, da habe ich fünfmal am Tag Sport wie eine Gestörte gemacht und langsam, langsam hat sich das Gewicht normalisiert. Sobald ich aufhörte, stieg es. Es war unglaublich. Unglaublich frustrierend. Ja und dann fingen die Partys an, Alkohol Nikotin, wenig Schlaf… Ich schaffte mit gutem Erfolg mein Abitur. Danke an meinen Vater, der sich nicht demotivieren liess, mit mir Mathe zu pauken. Literweise Tränen sind geflossen und wir haben uns angebrüllt und Danke an meine Mutter, die meine Aufsätze korrigierte und mir die Naturwissenschaften erklärte. Und danke an einige Freundinnen… Jedenfalls reichte es, um 700km  weg von daheim mein erstes Studium zu beginnen. Sprachen und Geografie. Aber sobald ich weggezogen war, liess ich mich hängen oder besser, mein Körper liess mich hängen. Als Studentin mit schmalem Geldbeutel und wenig Zeit für Nebenjobs musste ich auf Dinge verzichten, die nicht nötig waren.

Frauenarzt, zum zweiten – Diagnose PCOS

Die Pille zum Beispiel. Denn mittlerweile hatte ich 10 kg zugelegt, ich sah aus wie ein Bär und einen Mann wollte ich das nicht sehen lassen. Mit dem Absetzen der Pille begann dann aber erst richtig das Desaster. Innerhalb weniger Monate legte ich weitere 10 Kilo zu, meine Haut wurde noch schlechter, meine Haare wirkten dünner und fettiger, die Behaarung am Körper – unfassbar. Das war nicht mehr nur ein kosmetisches Problem oder eine Pubertätsneurose. Das war die Entwicklung zum Mann. Jedenfalls dachte ich das. Zu dem Zeitpunkt, ich war 20 Jahre alt, hatte das erste und das zweite Studium geschmissen und wusste nicht mehr, wie weiter, da besuchte ich meine Eltern, um ihnen zu sagen, dass ich was neues studieren möchte. Wieder war es meine Mutter, die gleich bemerkte, dass mit mir etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Sie buchte einen Gesundheitscoach und ein Meditationswochenende in einem Kloster. Dann  schleppte sie mich zum Frauenarzt. Diesmal blieb sie dabei und stellte viele schlaue Fragen. Der Arzt untersuchte mich und konfrontierte uns mit der Diagnose PCOS. Der Arzt sagte, dass ich statt Eizellen flüssigkeitsgefüllte Follikel hätte, die niemals zu reifen Eiern werden und ich nicht schwanger werden könnte.

Keine Kinder bekommen können – eine Welt zerbricht

In diesem Augenblick brach eine Welt zusammen, obwohl mein Leiden endlich einen Namen hatte. Ich habe mich nicht nur vollgefressen und bin fett geworden. Mein Stoffwechsel war total entgleist und nicht nur der hormonelle. Nein auch der Fettstoffwechsel. Die Triglyzeridwerte waren astronomisch, das Cholesterin ebenso, mein Blutdruck viel zu hoch und die männlichen Hormone in meinem Blut lagen alle jenseits von gut und böse. In diesem Schockzustand erlebte ich das Meditationswochenende mit der Frau, die mich dann jahrelang begleiten sollte. Die mit ihrer Methode mein Gewicht auf ein Normalmass schrumpfen half, mir beibrachte, wie gesunder Lebensstil aussehen kann, ohne den Spass am Leben zu verlieren und die es geschafft hat, dass nach 5 Jahren ein Zyklus auftrat, nach 6 Jahren Hinweise auf Eisprünge zu finden waren und ich nun mein erstes Baby erwarte. Zwischendrin war ich schon bei einer Kinderwunschklinik, weil ich dachte, dass ich nie im Leben auf natürlichem Wege schwanger werde.

Meine Coachin verbreitet Optimismus – ansteckend

Meine Coachin hat niemals in der gesamten Zeit die Hoffnung verloren. Sie hat mir gesagt, wenn du dein Normalgewicht erreicht hast und das hältst, dann wird sich dein Stoffwechsel einregulieren, dann wird alles gut. Ihre positive Art hat mir gut getan und meine Familie auch. Ich habe gelernt PCOS zu akzeptieren. Ich habe ein Studium beendet und einen Job gefunden und auch einen Mann.

Während der letzten Jahre habe ich im Rahmen der Studie begriffen, wie wichtig es ist, auf PCOS aufmerksam zu machen. Zu viele Frauen wissen nicht, was mit ihnen los ist. Die übergewichtigen PCOS-Frauen werden blöd angeguckt, wenn sie was essen. Dieses Stigma ist unerträglich. Dünnes Haar auf dem Kopf und Haare am Körper sind schon belastend genug, da muss man sich dann noch im Alltag und Berufsleben zusammenreissen und stark sein.

   

Und dann war der Test positiv – schwanger

Ach ja, ich hatte auch Schlafstörungen und war dann am Tag müde und nicht wirklich leistungsfähig. Als junge Frau wird man dann auch schräg angeschaut und gleich als antriebslos oder nutzlose Generation abgestempelt. Dabei geht wirklich nichts mehr. Kein Wunder, dass man Essstörungen ausbrütet und depressiv wird.

Jetzt geniesse ich die Schwangerschaft. Endlich kann ich mal essen was und wie viel ich will. Ansonsten lebe ich strikt auf Diät. Denn ich will nie wieder so viel Übergewicht mit mir herumschleppen und ich habe gelernt, mich mit den Gegebenheiten, dass mein Körper weniger braucht als normale Frauen zu arrangieren. 1200 kcal sind wenig und doch genug und mit Sport zusammen, kann ich dann auch mal eine Pizza geniessen. Klar habe ich schon ein wenig Angst, mit wie viel Kilo ich aus der Schwangerschaft komme.

Ausdauersport und Blutwerte – eindeutig

Meine Blutwerte sind übrigens wieder schlechter geworden. Der Ausdauersport fehlt und der sorgt dafür, dass die Fettwerte in Schach gehalten werden. Glücklicherweise gehöre ich zu dem Phänotyp der keine Insulinresistenz und auch keinen Schwangerschaftsdiabetes ausgebildet hat. Die Testosteronwerte waren übrigens auch unglaublich hoch… meine Mutter vermutete, dass ich einen Jungen bekomme. Und haha, sie hat Recht behalten. Na mal sehen, was die Forschung aus dieser Erkenntnis macht. Ich bleibe weiter in der Studie, denn meine Gesundheitscoachin will wissen, ob ihre DEBEC-Methode auch nach der Schwangerschaft wirkt. Ich bin gespannt.

Gern würde ich natürlich schnell wieder Normalgewicht haben, um die Risikofaktoren zu reduzieren. Weil.. Lust auf metabolisches Syndrom zusätzlich zum PCOS habe ich nicht. Ach ja… und während der Schwangerschaft sind die doofen Pickel und Pusteln nun an den Oberschenkeln aufgetaucht und manchmal richtig entzündet. Nicht lustig. Aber ich mag auch nicht auf Rasur verzichten. Denn ich möchte mich als werdende Mami wohl und auch etwas sexy fühlen.

Eure Anne

Wissenswertes

  • Hirsutismus – so nennt man die Körperbehaarung, habe ich mit vielen Methoden versucht in den Griff zu bekommen. Elektro-Epilation, Kaltwachs, Cremes, Rasieren
  • Akne – Cremes, Ernährung, Sport, Pille, Verzicht auf Alkohol und nicht mehr rauchen
  • Übergewicht – Kohlenhydrat- und Fettarm, viel Gemüse, keinen Alkohol, 1200 kcal/Tag plus Bewegungskalorien, Ausdauersport (Joggen)
  • Schlafstörung – mit Gewichtsreduktion hat sich das von allein normalisiert
  • Blutwerte – 2 Jahre nach Beginn der Lebensstiländerung im Normalbereich, ausser Testosteron
  • Ultraschall – Gynäkologische Untersuchung, meinem Frauenarzt konnte ich nicht mehr vertrauen. Als ich 17 war, hat er gesehen, dass PCOS vorliegt und hat es mir nicht gesagt. als meine Mutter dabei war, äusserte er  ihr gegenüber seine Beobachtung. Drei Jahre früher hätte ich bereits mein Leben umstellen können und hätte Risikofaktoren vermeiden können.
  • Haut – stark gebessert, wenig Akne, gute Durchblutung
  • Partnerschaft – Status glücklich verheiratet
  • Lebensstil – ausgeglichen, gesund und ich kann jederzeit um Rat bei meiner Gesundheitscoachin fragen.
  • DEBEC-Methode® – als erstes wurde eine Diagnostik durchgeführt (Frauenarzt und Gesundheitscoach), dann wurde meine Ernährung unter die Lupe genommen und nach den ersten Kilos, die purzelten, haben wir uns langsam an Bewegungsarten herangetastet. Bei mir wurde es joggen. Entspannungstechniken hat sie mir freigestellt und da ich gern lese, fand ich in Büchern meine Phasen zum abhängen. Coaching rundete das Programm ab.
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